Berg, Wetter, Schnee… winterliche Bergtour unterschätzt

Gerade haben wir noch vor 2 Tagen eine große Lawinenübung auf der Nordkette absolviert und schon werden wir zu einem Einsatz auf der Nordkette gerufen!

Ein Flixbus Reisender hat seine Reise in Innsbruck für einen Tag unterbrochen und will am Morgen, bei absolut schlechtem Wetter (Wind, Nebel, warmen Temperaturen und Regen), einen Berg erklimmen, bevor er dann abends um 22 Uhr seine Reise nach Berlin fortsetzen wird – so der Plan.

Rasch in Google nachgesehen und so steht auch schon das ersehnte Ziel fest – die Hafelekarspitze 2334m hoch, oberhalb von Innsbruck soll noch mit ins Reisegepäck. Wanderkleidung und Bergschuhe, bzw. eine Winterausrüstung für die verschneiten Berge sind diesnmal leider nicht mit im Gepäck, aber es wird auch so funktionieren… Hoody, Jogginghose und Basketballschuhe sollten reichen – Mütze oder Handschuhe – Fehlanzeige!

Auch wenn der heurige Winter noch keine Schneemassen auf die Nordkette gebracht hat, gibt es doch einige Stellen, wo sehr viel Schnee liegt. So ist der Berliner Junge bis über die Bodensteinalm aufgestiegen. Als er nun immer wieder bis zur Hüfte im Schnee einbricht und seine Kräfte dem Ende zu gehen, kann er noch einen Notruf absetzen, bevor sein Handy den “Geist” aufgibt.

Die Bergrettung Innsbruck erhielt nun einen Einsatz bei widrigsten Bedingungen. Nebel, strömender Regen, Nebel und Lawinenwarnstufe 4! Der ungefähre Einsatzort war bekannt, aber Kontakt konnte mit der Person nicht mehr aufgenommen werden.

Bei der Auffahrt mit der Gondelbahn konnte sich das 7-köpfige Einsatzteam einen Überblick über die vor Ort herrschenden Verhältnisse machen und es war alles andere als gut. Die ersten Nasschneelawinen konnten ausgemacht werden, vor allem der Abbruch am Osthang machte uns arges Kopfzerbrechen. Für uns war klar, dass das freie Gelände, vor allem die Lawinenstriche auf der Nordkette, heute tabu sind. Unverantwortlich wäre das Risiko, Einsatzkräfte in diese Bereiche hinauszuschicken.

Nun war guter Rat teuer… wie können wir dem Jungen helfen und ihn wieder heil nach Innsbruck bringen? Wir fuhren mit dem 3er-Stützen Sessellift zur Talstation des Liftes. Hier konnten wir den Jungen in der Nähe des Lawinendammes bei der Bodensteinalm ausmachen. Wir nahmen Rufkontakt auf und gaben ihm Zeichen, in welche Richtung er sich begeben soll. Bei strömendem Regen brach er immer wieder bis über die Knie im Schnee ein. Mit seinen letzten Kräften konnte sich der Junge gerade noch in Richtung Lift fortbewegen. Soweit es die Situation erlaubte gingen wir ihm entgegen, um gute Tritte in den tiefen Schnee für ihn zu machen. So konnten wir ihn bis zur Liftstation herauf bringen. Total durchnässt und unterkühlt, kümmerten wir uns sofort um einen rundum Wärmeerhalt, bevor wir mit der Bahn zur Begstation auffahren konnten.


Auf der Bergstation angekommen, konnten wir uns weiter um die nasse Bekleidung und die damit verbundene Unterkühlung kümmern. Wir setzten alles in unseren Schulungen zum Wäremerhalt Geübte ein und so wurde der junge Berliner wie ein “Weihnachtszuckerl” mit Ready Heat Weste und Rettungsdecke eingepackt, um mit ihm dann zurück auf die Hungerburg zu fahren.

Der Einsatz war für uns aber noch nicht zu Ende. Zu sehr beschäftigte uns die Situation des Jungen…, er war erst 16 Jahre alt, war völlig durchnässt und hatte keine trockene Kleidung zur Verfügung. Wir können ihn ja nicht in diesem Zustand stundenlang auf den Flixbus warten lassen! Auf dem Weg nach Hötting besorgten Kameraden von uns trockene Kleidung, die sie von Zuhause besorgten.

Inzwischen aber bekam der Junge im Auto etwas Atemnot und erklärte uns erst nach einiger Zeit, das er Asthma hätte und heute keine Spray dabei habe. Nun war es für uns klar – wir müssen den Jungen in die Klinik bringen, um seinen Allgemeinzustand abklären zu lassen. So übergaben wir ihn, bei der Höttinger Kirche an die Rettung, die ihn in die Klinik brachte.


Wir alle waren ebenfalls völlig duchnässt, aber noch viel mehr beschäftigte uns die Tatsache, dass ein 16-jähriger Bursche so unerschrocken, bei derartigen Verhältnisse, solche Unternehmungen startet, ohne zu wissen was ihn erwartet oder erwarten könnte – Google sei Danke…

Nich auszudenken, was passiert wäre, wenn er nicht selbst die richtige Richtung gefunden hätte und irgendwo im Gelände stecken geblieben wäre? Das wäre für ihn das Schlimmste gewesen und für uns Einsatzkräfte eine ganz schwierige Situation – Gott sei Dank ist alles gut ausgegangen und wir hoffen, dass der Junge gut aufgewärmt in Berlin angekommen ist! (bb)