Nächtlicher Einsatz im Auckenthalerriss

Der Auckenthalerriss ist eine der markantesten Linien in der Martinswand. Mit VII- bewertet und an den Schlüsselstellen durchaus abgespeckt handelt es sich um eine äußerst lohnende und in den vergangenen Jahren immer beliebtere Klettertour. Die gute Absicherung in der Tour selbst darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Zustieg und Ausstieg, ebenso wie der Abstieg durchaus eigenständige alpine Herausforderungen darstellen. Die Herausforderungen enden nicht am Wandbuch: entweder ist ein Ausstieg über den Normalweg über Schrofen mit Stellen im dritten Schwierigkeitsgrad nötig oder ein Ausstieg über die “Scherer-Variante” mit einigen zusätzlichen Seillängen.

Gestern kurz nach Einbruch der Dunkelheit erreichte uns ein Notruf vom Wandbuch des Auckenthalerrisses. Zwei Personen waren unverletzt am Wandbuch, aufgrund fehlender Lampen fanden sie allerdings den Weiterweg nicht mehr. Sie waren um 11.30 Uhr in den Auckenthalerriss oberhalb des Vorbaus eingestiegen und bis zum Einbruch der Dunkelheit bis zum Wandbuch gekommen. In der Anfahrt stellte sich dann heraus, dass noch eine zweite Seilschaft ebenfalls im Ausstieg unterwegs war und ebenfalls die Orientierung verloren hatte.

Mit 8 Personen rückten wir aus und begannen unseren Aufstieg vom AV-Parkplatz über den Abstiegsweg. Von Kematen aus konnte unser Aufstieg mit  Stirnlampen gut verfolgt werden. Ein schnelles Vorausteam sollte die Lage erkunden, während ein weiteres Team das Bergematerial nach oben transportierte. Inzwischen bestand Kontakt mit der zweiten verstiegenen Seilschaft, die wir bald in der Nähe des Hubschrauberlandeplatzes auffinden konnten. Sie hatten im Ausstieg die Orientierung verloren und waren viel zu hoch ausgestiegen, hatten anschließend den alten (nicht empfehlenswerten weil kaum mehr auffindbaren) Westabstieg gesucht und sich anschließend mit unserer Hilfe neu orientiert.

Beim Aufbauplatz ‘Auckenthaler oberes Drittel’ angekommen konnten wir unser Material sortieren; bei der Wegfindung hatten uns die vor vielen Jahren angebrachten Katzenaugen (Kameraden der Bergettung Innsbruck) gute Dienste getan. Wir entschieden uns dafür, vom Aufbauplatz mittels 200-Meter-Seil zum Wandbuch abzufahren, um möglichst schnell bei den verstiegenen Personen anzukommen um sie mit Jacken und Getränken versorgen zu können. Zwei Retter seilten sich ab und trafen unmittelbar zum Standplatz beim Wandbuch. Eintreffen bei den Verunfallten war etwas über zwei Stunden nach der Alarmierung, was für dieses Gelände eine sehr gute Zeit darstellt.

Die beiden Kletterer waren etwas unterkühlt aber ansonsten wohlauf und wir rüsteten sie mit Stirnlampen aus. Wir nahmen sie in eine Seilsicherung und kletterten den Normalausstieg hinauf. Angesichts des guten Zustandes der Personen hatten wir uns gegen einen Wiederaufstieg am 200-Meter-Seil entschieden. Dafür hätten wir am Aufbauplatz noch mehr Personal gebraucht. Der Ausstieg vom Wandbuch ist bereits tagsüber nicht ganz einfach zu finden, obwohl an neuralgischen Stellen rote Punkte angebracht sind. In der Nacht stellt die Routenfindung eine Herausforderung dar, die wir aufgrund der Erfahrung der beiden Retter mit der Route jedoch gut bewältigen konnten. Die beiden Personen wurden gesichert über den Ausstieg geführt; er beginnt mit einer schwierigeren Seillänge Richtung Westen und führt dann über Schrofengelände in einem Bogen nach oben. In einer Rinne darf man die Abzweigung zurück nach Osten nicht versäumen, die über eine kurze Wandstelle im dritten Schwierigkeitsgrad führt. Anschließend folgen einige Meter Abstieg, bevor an einem Köpfel vorbei der Auckenthaler Aufbauplatz erreicht wird.

Wir sicherten noch ein kurzes Stück weiter und machten uns dann am Steig an den Abstieg. Von unserem Start am AV-Parkplatz bis zum Eintreffen dort mit der festgesessenen Seilschaft waren vier  Stunden vergangen, eine durchaus passable Zeit. Die zuvor geborgene Seilschaft war bereits früher dort eingetroffen. Mit 8 Bergrettern konnten wir so in einer der technisch herausfordernden Geländesituationen rund um Innsbruck zügig 4 Personen wieder in Sicherheit bringen.

Unsere Empfehlung ist jedenfalls: Auf Klettertouren schadet es eigentlich nie, zumindest eine kleine Stirnlampe im Gepäck zu haben. Sie verhindert in vielen Fällen die Orientierungslosigkeit, besonders an kurzen Tagen. Der heurige Winter bietet bisher gutes Klettervergnügen, trotzdem handelte es sich gestern um den kürzesten Tag des Jahres und entsprechende zeitliche Planung und Voraussicht ist notwendig. (Gebi)